BMX Hall of Fame Germany
Mitglieder Pionier

Hans Schauff

Nach seinem Maschinenbaustudium stieg Hans Schauff jun. im August 1959 in den Betrieb seines Vaters ein. Dieser hatte bereits 1932 in Köln damit begonnen, Rennradrahmen zu schweißen, und produzierte ab 1968 Fahrräder im Gewerbegebiet von Remagen.

Schnell war er auf der ganzen Welt unterwegs, denn Schauff produzierte hauptsächlich für den Export. Er reiste nach Benelux und Skandinavien und auch in die USA um Aufträge für Fahrräder entgegenzunehmen, die in Remagen nach Kundenwunsch lackiert und vormontiert wurden. Auf Wunsch der Kunden begann auch früh der Import von Komponenten aus Japan, so importiert Schauff zB seit 1964 Teile von Shimano.

Auch durch die vielen Messebesuche wurde Schauff in den frühen Siebzigern in den USA auf den jungen Trendsport BMX aufmerksam und baute 1974 für die US-amerikanische Kaufhauskette Sears die ersten BMX-Räder – eine Mischung aus Hi-Riser und Bonanzarad. Für den europäischen Markt folgte ein Jahr später die "Motocross"-Reihe, wild anmutende Räder mit gefedertem Hinterbau, Motocross Optik und Doppelbrücken-Gabel. Und 1977 folgte mit dem "Crossmaster" das erste Serien-BMX-Rad der Firma Schauff. Auch hierfür wurden die Rahmen und viele Teile roh aus Italien geliefert und in Remagen montiert und lackiert. Hans’ Sohn Jan Schauff liegen Aufträge über 50.000 paar italienischen Aluguss Felgen für den Crossmaster vor – das Rad schien sich also prächtig verkauft zu haben.

Unter anderem in Deutschland: Der Kölner Skateshop „Blue Diamond“ war der erste deutsche Kunde für Schauff BMX-Räder und nahm 50 Stück für seinen Laden ab. Damals gab es von BMX hierzulande noch keine Spur und so wurden die Räder genutzt um die Domplatte unsicher zu machen oder Matschrennen auf alten Panzerübungsgeländen in Köln-Ossendorf oder Porz zu fahren. Schauff veröffentliche seinen ersten BMX Prospekt mit den beiden Kölnern Max Victoria von Blue Diamond und Nao Tajima auf dem Titelblatt.

Hans Schauff sah in BMX die ideale Kombination aus sehr früher Produktentwicklung und echter Nachwuchsförderung im Radsport. So konnte er den Kindern abseits des Autoverkehrs Spaß am Radfahren ermöglichen – der Bau einer eigenen Bahn war deshalb der natürliche nächste Schritt. 1980 fuhren die Bagger auf die Apfelplantage hinter dem Betrieb in Remagen und schufen die „Golden Mile“, benannt nach der goldenen Meile, einem besonders fruchtbaren Landstrich am Rhein zwischen Bad Breisig und Remagen. Von 1981 bis 1983 fanden dort in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des MSC Sinzig und einigen Kölner BMX-Eltern um Helmut Heidkamp jeden ersten Sonntag im Monat BMX-Rennen statt, teils Lizenz-offen und mit reichlich Leihrädern. Die Nachwuchsarbeit zahlte sich aus: 1983 verzeichneten die Rennen bis zu 800 Starter.

Und mit den Rennen stieg auch die Nachfrage nach hochwertigen BMX Produkten. Die erste Version des reinen Racerahmens „Anaconda“ erschien 1980 und der älteste noch existierende Schauff Rahmen der neuen Generation stammt aus 1981: Gefertigt aus Chromoly-Rohren von Tange in Japan und ausgestattet mit Euro-BB-Innenlager. Es folgen diverse Versionen des Anaconda-Rahmens, vom Mini über den Pro-Powertwist bis hin zum „PK Anaconda“, der in Zusammenarbeit mit Perry Kramer in den USA entwickelt wurde. 

Die Zusammenarbeit mit Perry Kramer kam zustande, weil Schauff Importeur von Race Inc. war, wo Perry damals arbeitete. Über ihre engen Kontakte in die Branche begann die Firma früh, BMX-Produkte aus dem Ausland nach Deutschland einfuführen. So wurde auch Schauffs Einstieg in die Freestyle-Szene von einem Import inspiriert: Nachdem das Unternehmen 1984 ein Haro-Freestyler-Replica unter dem Namen „Golden Mile” auf den Markt gebracht hatte, folgte ein Jahr später der „Anaconda Freestyler” mit dem von Vector bekannten doppelten Unterrohr. Denn auch Vector, eine Firma die ansonsten nur für ihre etwas eigenwilligen, einteiligen Lenker-Vorbau-Kombinationen bekannt war, wurde seit langem von Schauff vertrieben. Der „Anaconda Freestyler“ stellte sich als voller Erfolg heraus und war eine vollwertige Alternative in dem damals vom „GT Performer“ dominierten Markt.

Gleichzeitig bediente Schauff aber auch weiterhin den Massenmarkt mit Einstiegsrädern, die unter den Namen Magnum, Macro, Turbo, Rattlesnake oder Red Mile über Fahrradhändler und die teils erstaunlich guten BMX-Abteilungen der Kaufhäuser verkauft wurden. Nachdem das „Blue Mile“ von der Stiftung Warentest mit „Gut“ bewertet wurde, wurde es zum Verkaufsschlager. Das „Golden Mile“ mit einem goldenen Rahmen bleibt bis heute ein Hingucker. Entwickelt wurden all diese Räder stets von Hans Schauff persönlich zusammen mit dem langjährigen Leiter der BMX-Abteilung, Thorsten Schätte, sowie mit Input und Feedback der Teamfahrer.

Teamfahrer, von denen es über die Jahre viele gab. Von Anfang an fühlte Hans Schauff sich verpflichtet, Fahrer bei ihren sportlichen Ambitionen zu unterstützen. Er gründete Ende 1982 das Anaconda Racing Team, welches sich kurz darauf in BMX Club Track Burners Remagen e. V. umbenannte – ein Verein, dessen Mitglieder bei Schauff vergünstigt einkaufen konnten. Fahrer wie Jan van Eijden, Heiko Hirzbruch und Manfred Stromberg starteten ihre Karriere im Team von Schauff. Auch im Freestyle machte sich Schauff einen Namen. Nach den frühen Trickshows der von Schauff unterstützten „Sturmvogel” aus München oder eines Teams von Freestylern aus Remagen waren Thomas Germann und Björn Paetow wohl die ersten deutschen Freestyler, die über die Seiten der „BMX Special” deutschlandweit auf sich aufmerksam machten. 1986 folgte das Schauff Freestyle Team aus Bonn mit Andreas Althaus, Robert Möller und Mathias Rechenburg, die sich in der frühen Contestszene einen Namen machten.

Allerdings schrumpfte die BMX-Racing-Szene und die Nachfrage nach Kompletträdern ließ nach. Schauff hielt über den langjährigen Chef der Trackburners, Jürgen Gemein (RIP), der später BDR-Bundestrainer wurde, Kontakt zur Szene. Sie belieferten weiterhin BMX-Händler mit Komponenten und sponserten Fahrer bis in die frühen 1990er Jahre. Fast nahtlos daran schloss sich das Schauff Midschool Freestyle Team an, unter der Leitung von Thomas Grundheber. Thomas kam mit seinem Team in den neuen Schauff-Shop, um Shows zu fahren, und ging mit einem Job als Teammanager nach Hause, während seine Fahrer einen neuen Sponsor erhielten. Mit Tim Eichert (RIP) und Sven Fanghänel entstanden die Rahmen „The Bomb” und „A Bomb” und Jan Schauff entwarf modernisierte Versionen der Schauff-Klassiker „Rattlesnake” und „Black Mamba”. Mit Maik Dettmer hatte das Team einen der talentiertesten Flatlander seiner Zeit in seinen Reihen, auch wenn der Schauff Flatlandrahmen mit seinem radikalen Ein-Rohr-Design niemals in Serie ging.

Mit modernen BMX Räder, ihren kleinen Übersetzungen und dem extremen Fokus auf Leichtbau konnte sich Schauff allerdings nie anfreunden. Die Händlerstruktur in Deutschland brach zusammen und eine Inlandsfertigung wäre, wenn überhaupt, nur noch über einen Direktverkauf möglich gewesen. So stellte Schauff das BMX-Programm ein, bzw stellte indirekt auf Versorgung der ständig wachsenden Old-School-Szene um. Dieter Schadowski wurde regelmäßiger Gast im Hause Schauff und baute noch so manchen Anaconda-Rahmen für seine Kunden auf.

Im Herbst 2016 verstarb Hans Schauff jun. im Alter von 83 Jahren. Eine unkonventionelle Persönlichkeit in der Fahrradbranche, der gerne Fahrräder entwickelte und mit so mancher Idee seiner Zeit deutlich voraus war.

Doch Schauffs Engagement für BMX geht weiter. Auch wenn sich der Betrieb nach dem Aus der Massenproduktion im Jahr 2004 auf Einzelstücke und Sonderanfertigungen spezialisiert hat, bleibt Jan Schauff, der Sohn von Hans, in der Old-School-BMX-Szene aktiv. Er hat die Entwicklung des Sports von klein auf miterlebt und war sowohl als Racer als auch in der Rennorganisation oder als Reporter für die BMX Special und später BMX Speed unterwegs. Nachdem er vor einigen Jahren ein virtuelles BMX-Museum rund um die BMX-Historie der Firma Schauff eingerichtet hat und sein Vater bereits vor 20 Jahren damit begann, im alten Betrieb ein Werksmuseum aufzubauen, ergibt es natürlich Sinn, beides zusammenzuführen. Die Sammlung ist beeindruckend: Das älteste Exponat ist ein Rennrad aus dem Jahr 1938. Auch für BMX-Enthusiasten gibt es hier einiges zu sehen: Schauff-Prototypen, seltene Einzelstücke und alte Schätze von Race Inc., SE Racing oder Vector. Wer schon einmal bei einem der jährlichen „Stahlradtreffen” in Remagen war, konnte sich bereits einen Eindruck davon verschaffen. Der Plan ist, im alten Betrieb eine Ausstellung zu errichten, die sowohl die Räder als auch die Arbeitsplätze der Fahrradherstellung zeigt.

Für seine Beitrag zur Entstehung des BMX-Sportes, die langjährige Unterstützung der Szene und das stete Engagement in allen Bereichen des Sportes wurde Hans Schauff 2025 in die Deutsche BMX Hall of Fame aufgenommen.

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