BMX Hall of Fame Germany
Mitglieder Freestyle

Eddy Grazielewski

In den späten Siebzigern schraubte sich der kleine Eddy Rollerskates unter ein Brett und experimentiert mit Skateboardfahren. In einer Werbung für Müller Griessbrei aus dem Jahre 1981 sah er zum ersten Mal ein BMX-Rad: Da saß eine alberne Kuh auf einem Diamond-Back Rad.

Sein Kumpel investierte kurz darauf sein Geld in ein Kaufhaus-Rad mit Druckguss Felgen, das sie ausgiebig testeten. Nachdem sie das Rad sogar teilweise im Kaufhaus auf dem Boden sitzend wieder halbwegs reparieren konnten, stolperten sie über den Berliner Laden Instant Funk und über Martin „Kongo“ Böhmfeld, der damals schon ein BMX-Rad hatte. Ein gebrauchtes Motobecane, zu mehr hatte es Eddy damals nicht gereicht, aber das sollte sich mit dem ersten Lohn ändern: Auf der Suche nach einem GT betrat er Instant Funk und mit einem nagelneuen, verchromten Pro-Neck verließ er ihn wieder. Stolz wie Oscar verlor sich Eddy im Markenfetisch der Zeit und spulte viele Kilometer auf seinem neuen Rad ab. Es gab damals einige Spots in Berlin: Das Märkische Viertel beherbergte den VFL Tegel und mit ihm eine kleine BMX-Bahn. Berlin-Charlottenburg ganz im Westen hatte die „große“ Bahn auf der auch internationale Rennen ausgetragen wurden. Und auch in der Wexstraße, gleich bei Instant Funk um die Ecke, fand sich eine kleine Strecke, die Legenden zufolge von Michael Müllmann eigenhändig aus eigens aus den USA importiertem Sand gebaut wurde. 

Gleichzeitig schufen sich Eddy und seine Kumpels aber auch ihre eigenen Spots. Sie bauten Sprünge auf Müllhalden, stellten sich Bretter an Wände, attackierten Tischtennisplatten und sprangen von der Berliner Sechserbrücke. Es gab keine Grenzen, die nicht ausgetestet wurden. Hier formte sich die Legende „Rambo Eddy“. Zeitzeugen berichten von dem wagemutigen „Urban Freerider“. Wenn irgendein Jump zu hoch, zu steil, zu weit, oder aus irgendeinem anderen Grund unmöglich war kam Eddy und sprang. Er selber kann sich dieses Phänomen nur schwer erklären. Auf dem Rad wurde er zu einem anderen Menschen. Das Feedback der anderen gab ihm Selbstvertrauen und aus dem schmächtigen Erhard wurde Rambo Eddy, ganz so wie Clark Kent zu Superman wurde, sobald er die Brille abnahm. 

So ein Name wurde natürlich auch im Westen gehört, auch wenn in der Geschichte dahinter fast eine gewisse Tragik mitschwingt. Eddy brach bei einem Rennen das Pedal ab und das verbleibende Stück Pedalachse rammte sich tief in seine Wade. Auf der Suche nach Hilfe ging er ins Zelt der Sanitäter doch das medizinische Fachpersonal oder das, was sich dafür ausgab, was so betrunken, dass Eddy dankend ablehnte, sich Nadel & Faden geben liess und die Wunde selber verarztete. Der etwa zeitgleich erschienene Film „Rambo - First Blood“ machte dann den Sack zu und der Name stand fest. Von nun an war er Rambo Eddy.

Unter diesem Namen hatte er 1985 seinen großen Auftritt in der Speed. Er zierte das Cover und das Magazin widmete ihm mehrere Seiten, auf denen seine todesverachtenden Stunts gefeiert wurden. Zusammen mit „Sammy“ Sommerfeld und Ingo Pannischky aus dem „Getto“, wie das Märkische Viertel liebevoll genannt wurde, hatte er die beiden aus der Speed bekannten Rampen gebaut, mit denen sie zum Teil für Wurst und Brötchen auf Stadtteilfesten auftraten. Inspiriert von Mercury Morgan, der in einem Artikel in BMX Plus! über Autos und durch eine brennende Mauer sprang, montierte sich Eddy ein 68er Kettenblatt und versuchte, Distanzrekorde aufzustellen. Der in der Speed angekündigte Weltrekordversuch fand zwar nie statt, aber das dazugehörige Bild in der Speed hat bis heute nichts von seiner Wirkung verloren.

Eddy betrachtete den Rummel um seine Person und seinen Spitznamen jedoch eher distanziert. Er gab nie fiel auf das Gerede, war sich aber sehr wohl bewusst, dass das Ganze seiner BMX-Karriere sehr förderlich war. Er arbeitete damals bei Motorrad Schütze in Berlin, die ihn auch sponserten. Das verschaffte ihm finanzielle Freiheit, er konnte sich voll und ganz seiner Leidenschaft widmen und musste sich nur noch um das kümmern, was ihm Spaß machte: BMX und schnelle Motorräder. Als irgendwann auch noch Patrick Penkwitt anklopfte, um ihn mit PTR-Rahmen zu unterstützen, war das Leben fast perfekt.

Aber eben nur fast. Die PTR-Rahmen waren Eddys Ansprüchen nicht wirklich gewachsen und er verbog sie bei so mancher unsanften Landung bis zur Unkenntlichkeit. Der nächste Schritt war dann ein Sponsoring der Firma March aus England über Thomas Jäger von TJ Racing. Jetzt war sein Rahmen zwar allen Belastungen gewachsen, aber leider gefiel Eddy die Geometrie überhaupt nicht. Richtig Ruhe kehrte erst ein, als Schütze seine BMX-Abteilung aufgab und Eddy zu Instant Funk / Sport Import wechselte. Von da an war er auf Dyno unterwegs und besuchte die großen Freestyle Contests in ganz Deutschland.

Sport Import war zu diesem Zeitpunkt bereits von Berlin nach Edewecht umgezogen und der Skateshop Instant Funk wurde seinem Potential nicht mehr gerecht. Michael Müllmann entschied aus der Ferne, Eddy und Andreas "Elle" Gillmeister mit der Leitung eines neuen Shops zu beauftragen: California Sports, mitten in Berlin. Der Laden ritt auf der brandneuen Streetwear-Welle und schlug ein wie eine Bombe. Die Kundschaft reichte vom Papa, der seinem Kind ein BMX-Rad kaufen wollte, über Prominente wie Nina Hagen, die auf der Suche nach den angesagtesten Klamotten im Schlüpfer durch den Laden hüpfte, bis hin zu den vielen Kids, die nach dem Fall der Mauer aus dem Osten der Stadt kamen. Hier merkte Eddy zum ersten Mal, wie die Realität seinen Ambitionen auf dem Fahrrad in die Quere kam. Je länger er im Laden stand, desto weniger fuhr er selbst BMX.

Auf der Suche nach einer beruflichen Perspektive zog es ihn bald nach Edewecht zu Sport Import. Er bekam ein Auto und fuhr als Vertreter durchs Land, aber glücklich wurde er dort nicht. Eddy tat sich schwer mit dem Job und gleichzeitig ertönte der Ruf aus der alten Heimat. Er ging zurück nach Berlin und nahm einen Job in der Gastronomie an, der Branche, der seine Familie schon immer verbunden war und gegen die er sich lange gewehrt hatte. Von nun an war es mit der Freizeit vorbei und seine einzige Verbindung zum BMX blieben Freunde aus der Szene, die ihn bei der Arbeit besuchten.

Nach seiner Ausbildung zum Sommelier arbeitet Eddy heute bei einem exklusiven Weingroßhändler aus Augsburg und betreibt nebenbei seinen eigenen Betrieb, mit dem er Weine vertreibt und Wine Tastings anbietet. Aus seiner BMX-Zeit ist ihm vor allem eine Gemeinschaft in Erinnerung geblieben, in der das Miteinander zählte, die die Erfolge anderer neidlos anerkennen konnte und die scheinbar frei von Missgunst war. Das sind vielleicht nicht immer die besten Eigenschaft für das Geschäftsleben, aber ein gutes Rezept für ein glückliches Leben.

Als Eddy 1985 durch seine Stunts im Speed-Magazin auch in Westdeutschland bekannt wurde, war er in seiner Heimatstadt West-Berlin schon so etwas wie eine Legende. Mit seiner furchtlosen Art und seinem kreativen Umgang mit seiner Umgebung inspirierte er die junge Berliner Freestyler-Szene und war "Street", bevor der Begriff überhaupt am Horizont auftauchte. In den folgenden Jahren bewies er deutschlandweit, dass er mehr als nur ein verrückter Draufgänger mit einem einprägsamen Spitznamen ist und stellte sein Talent auf den größten Contests des Landes unter Beweis. Für seine Verdienste um den deutschen BMX-Freestyle und seine Pionierarbeit im Bereich der völlig durchgedrehten Weitsprünge wurde "Rambo" Eddy 2025 in die Deutsche BMX Hall Of Fame aufgenommen.

  • Geboren 1965
  • Erstes Rennen 1983 im Olympiapark
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